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Zukunftsdiskussionen in der Humboldt-Villa
Lüdenscheid, 21. November 2015: Die Resonanz war noch ausbaufähig, doch diejenigen, die gekommen waren, gingen zufrieden nach Hause: Die Thementag-Premiere der Schachjugend Südwestfalen in der Lüdenscheider Humboldt-Villa wurde am Ende auf jeden Fall als Erfolg verbucht. „Es hätten noch ein paar mehr Teilnehmer sein können“, stellte die Verbandsjugendwartin Sarah Pieck fest, führte aber gleichzeitig aus, dass nach dem gelungenen Programm zur Premiere auf jeden Fall eine zweite Auflage geplant werden soll.

Zunächst hatte am Samstagnachmittag der südwestfälische Verbandstrainer Thomas Franke aus Waldbröl den ersten Teil des Nachmittags in den Räumlichkeiten der Schach-Gemeinschaft Lüdenscheid gestaltet. Franke erklärte den Vereinsvertreten, wie er zum Beispiel einen Trainingstag mit dem Jugend-Verbandskader plane und strukturiere. „Es gab viele Wortmeldungen, es war ein sehr lebhafter Vortrag“, freute sich Pieck.

Danach hatte Daniel Mohr das Wort. Der neue Vorsitzende des Schachverbandes Südwestfalen, der in diesem Jahr die Nachfolge von Peter Pinnel angetreten hat, war über viele Jahre selbst für die Schachjugend Südwestfalen aktiv. Am Samstag gab der Weidenauer den Zuhörern zunächst viele Tipps für die ehrenamtliche Arbeit in den Vorständen der Vereine. Von Werbemaßnahmen über Versicherungsfragen bis hin zur Thematik des Führungszeugnisses für Jugendtrainer waren die Themen auch hier vielfältig - und ein bunter Schachnachmittag erhielt hier eine in der Tat auch optisch bunte Note, als Mohr als „absoluten Renner“ fürs Mädchenschach ein neues Schachbrett mit pinken und weißen Figuren auf einem pink-weißen Spielfeld vorstellte. „Ich habe es zunächst auch nicht geglaubt, dann aber vier Tage auf der Messe beobachtet“, sagte Mohr, „das ist wirklich der Knaller - dieses Brett spricht Mädchen ganz besonders an.“

Mohr will Farbe ins Spiel bringen

Farbe ins Spiel bringen - Mohr hat noch andere farbige Figuren mit -, um das Schachspiel aus der Image-Ecke des von Individualisten betriebenen Kneipensports zu holen: Das ist ein Anliegen des neuen Vorsitzenden des Schachverbandes, der den Verband in einer immer schwieriger werdenden Zeit übernommen hat. „Es gibt überall Probleme im Spielbetrieb. Kein Bezirk läuft wirklich rund“, stellte Mohr fest, „das Hochsauerland stellt keine Teilnehmer mehr für den Verbandsviererblitz, im Bezirk Sauerland gibt es nur noch zwei Spielklassen, im Bezirk Oberberg läuft die Einzelmeisterschaft toll, aber am Ende will keiner der Spieler den Bezirk auf Verbandsebene antreten. Und selbst im Bezirk Hagen/Iserlohn steht man, wenn man antritt, direkt kampflos im Viererpokal-Finale.“

Wie die Zukunft aussieht, weiß Mohr auch nicht, aber eine Vorstellung, in welche Richtung es gehen könnte, hat er. „Die Bezirke neu zuzuschneiden, wird schwierig. Das kann der Verband nicht verfügen, sondern muss von allen Bezirken gewollt sein“, sagte Mohr in Lüdenscheid. Weitere Fusionen sieht er als wenig sinnvoll an, schon die Fusion der Bezirke Hagen und Iserlohn ist ihm rückblickend ein Dorn im Auge. „Hier sind zwei Bezirke vorgeprescht und haben so andere, sinnvollere Konstellationen ausgeschlossen“, sagte er. Zum Beispiel sei eine Fusion von Iserlohn mit dem Hochsauerland sinnvoller gewesen, und eine von Hagen mit dem Sauerland.

Nichts zu tun, ist auch eine Gefahr

Heute ist da eher schon ein Zusammenschluss der kleinsten Bezirke Oberberg und Sauerland naheliegend. „Da machen unsere Vereine aber nicht mit“, berichtete Peter Baran vom SV Kierspe direkt, „Windeck, Lindlar oder Morsbach würden sich dann eher in den Rhein-Sieg-Kreis orientieren.“ Auch wenn dies rechtlich nicht ganz einfach wäre, weil es den Wechsel in einen anderen Verband bedeuten würde, verdeutlicht die Haltung doch die Ablehnung der Vereine in Randlage für Neuerungen.

Mohr sieht allerdings auch eine Gefahr darin, nichts zu tun. „Wenn die Spielklassen nicht mehr attraktiv sind, wandern unsere Mitglieder ab und spielen bald nur noch im Internet Schach“, sagte der Verbandsvorsitzende. Er favorisiert deshalb ganz unbürokratisch einen Spielbetrieb, der vom Verband attraktiv gestaltet werden könnte. Volle Spielklassen ohne Rücksicht auf die Bezirks-Grenzen. Zum Beispiel analog zum Ruhrgebiet mit einer Regionalliga im Verband, darunter zwei Verbandsligen und fünf Verbandsklassen. Im Jugendbereich ist man diesen Weg mit einer offenen Verbandsliga bereits gegangen.

„Das Ruhrgebiet zum Beispiel lässt die Einzelmeister schon nicht mehr in Turnieren auf Ebene der Bezirke ausspielen - da gibt es verbandsweit fünf Qualifikationsturniere, die für alle offen sind, die aber unterschiedliche Interessen berücksichtigen. Ein Turnier findet zusammengefasst an einem Wochenende statt, ein anderes über mehrere Wochen freitags, ein anderes unter der Woche“, berichtete Mohr, „auch im Mannschafts-Spielbetrieb denkt der Verband Ruhrgebiet über neue Wege nach, will einen gemeinsamen Spielbetrieb mit dem Münsterland schaffen.“

Mohr wünscht sich Impulse von der Basis

Mohr wünscht sich in der Diskussion Impulse aus den Vereinen und Bezirken - Rückmeldungen, was hier gewünscht wird. „Es könnte auch alles so bleiben, wie es ist - aber dann müssten die Bezirke ihre Mitgliederzahlen wieder verdoppeln“, sagte Mohr, „ich erwarte in dieser Diskussion einen langen Prozess. Vielleicht sterben wir aber auch vorher aus…“

Damit es soweit nicht kommt, ging es nach der Zukunftsdiskussion in der Humboldt-Villa noch um ganz praktische Hilfestellung für die Vereine: Die Jugend-Spielleiter Nils Fehrensen und Janik Arens brachten den Gästen das Turnier-Verwaltungsprogramm Swiss-Chess näher. Und dann war der erste Thementag der Schachjugend Südwestfalen schon wieder Geschichte. Aber der nächste wird kommen - eher als Reformen im Spielbetrieb…