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Aus nach 88 Jahren: SV Werdohl löst sich auf
Bezirk Sauerland, 04. Februar 2021: Wenn man von den Online-Aktivitäten des vereinigten Sauerlandteams in der Quarantäne-Liga auf dem Schachportal lichess.org absieht, passiert dieser Tage nicht viel im Schachbezirk Sauerland. Analog-Schach hat dasselbe Schicksal ereilt wie Fußball, Handball oder Tischtennis: Lockdown-Pause, kein Training, kein Wettkampf. Abwarten und neu planen. Auch alle Pläne, das Jahr 2020 noch mit dem Finale der Bezirksklasse und Jugend-Bezirksliga zu beenden, die der Bezirk im Oktober auf seiner jährlichen Versammlung, einem Präsenz-Termin, gefasst hatte, durften schnell wieder ad acta gelegt werden. Genauso wie jene Pläne, die einen Übergangs-Spielbetrieb in NRW für das 1. Halbjahr 2021 vorsahen. Gut gedacht, aber nicht realisierbar. Wenn nun etwas passiert, dann ist es nichts Gutes. „Leider muss ich euch eine schlechte Nachricht zukommen lassen“, wandte sich der Bezirksvorsitzende Lothar Mirus in der vergangenen Woche an die Vereine des Bezirks, „der SV 1933 Werdohl hat sich offiziell aufgelöst.“

Im 88. Jahr des Bestehens ist es vorbei mit einem der ältesten Vereine im Bezirk Sauerland. Nicht wegen der Corona-Pandemie, das nicht. Eher schon als Ergebnis einer Entwicklung, die schon länger absehbar war. Der SV Werdohl war der kleinste Verein des Bezirks, im Durchschnitt zu alt. Kein Nachwuchs. Spitzenspieler Kai Keggenhoff als jüngster Akteur des Klubs auch schon über 40 Jahre alt. Manfred Habbel hatte den Klub zuletzt zusammengehalten, immer wieder eine Mannschaft für die Wettkämpfe organisiert. Leicht war das nicht immer gewesen. Aber Habbel hatte es hingekriegt. Zuletzt hatten sich die Werdohler sogar als Ausrichter von Spieltagen im Einzelpokal hervorgetan und auch beim Einzelpokal und der Einzelmeisterschaft des Bezirks Spieler gestellt. Klein, aber rührig.

Doch im Herbst 2020 erkrankte Manfred Habbel schwer, lag lange Zeit im Krankenhaus und verstarb schließlich. Ein plötzlicher und unerwarteter Verlust für seine Familie, aber auch für den Schachverein Werdohl. Dieser Verlust war für die wenigen verbliebenen Schachspieler in Werdohl nicht zu kompensieren. „Die letzten drei verbliebenen Spieler werden sich im Sommer wohl dem Verein VfB Turm Altena anschließen“, teilt Lothar Mirus mit. Vielleicht werden es auch vier oder fünf Spieler sein. Reinhard Eisengardt, der ehemalige Werdohler Vorsitzende, hat bereits Interesse signalisiert, Kai Keggenhoff, Reinhold Kirpal und Eugen Ulrich wohl auch. In Altena sind sie alle herzlich willkommen. Eigentlich hatten die Schachspieler aus Altena und Werdohl vor der Corona-Pandemie ja bereits laut über eine Fusion nachgedacht.

Der Gedanke ist auch nach der Löschung des Werdohler Vereins beim Schachbund – die Werdohler tauchen in den DWZ-Rating-Listen bereits nicht mehr auf – noch nicht ganz vom Tisch. „Wir wollen uns im April mal zusammensetzen und sehen, wie es weitergehen kann“, sagt Norbert Walter, Vorsitzender des VfB „Turm“ Altena. Walter geht es darum, eine gute Möglichkeit zu schaffen, in Altena und Werdohl ein attraktives Angebot in Sachen Schach zu machen, nicht so sehr um den Vereinsnamen. Vielleicht, sagt Walter, könne man sich einen Namen wie „Mittleres Lennetal“ geben. Es ist nur ein Gedanke, nichts ist beschlossen.

Grundsätzlich aber ist jeder neue Spieler auch in Altena wichtig, denn der VfB „Turm“ hat auch schon bessere Zeiten erlebt. Neun Spieler hat der Klub noch, mit den Zugängen aus Werdohl entsteht so nun zumindest eine gute Basis für zumindest eine Wettkampf-Mannschaft, unter welchen Namen auch immer sie dann durch den Spielbetrieb segeln wird. Bis es soweit ist, wird aber ohnehin wohl noch Zeit vergehen. „Seit März haben wir in der Burg Holtzbrinck kein Schach mehr gespielt“, sagt Norbert Walter. Corona hat alles lahmgelegt, die Schachspieler sind vorsichtig und zurückhaltend, so wie die Stadt Altena.

Stattdessen haben die Burgstädter einen neuen Ort gefunden, an dem sich zumindest einige Mitglieder treffen: Auf dem Schachportal chess.com hatte Jens Kienholz bereits im Dezember 2018 eine Gruppe unter dem Namen „Chessfriends Sauerland“ gegründet, ansässig in Altena. In der Corona-Zeit ist die Gruppe auf 13 Spieler gewachsen. Man trifft sich virtuell und spielt – besser als nichts. „Wir haben auch einen jungen Schüler aus Altena dabei, der richtig gut ist. Ich hoffe, dass er irgendwann auch im Klub vor Ort dabeisein wird“, sagt Norbert Walter. Wie dieser Klub dann heißen wird, ist offen. Nur eines steht fest: Er soll aus Altenaern und Werdohlern bestehen. Ein neues Projekt, das vielleicht im Lennetal vom allgemeinen Schachboom (dank er Online-Möglichkeiten und des Netflix-Chartbreakers Damengambit) dieser Tage profitieren könnte. Zumindest wäre das eine schöne Vorstellung für die Zeit, wenn die Pandemie Analog-Schach wieder möglich macht.

Nach der Löschung des SV 1933 Werdohl hat der Schachbezirk Sauerland nur noch acht Vereine. Zum Bezirk Sauerland gehört neben der Schachvereinigung Plettenberg, dem VfB „Turm“ Altena, der Schach-Gemeinschaft Lüdenscheid, den Schachfreunden Neuenrade, den Schachfreunden Lennestadt, den Schachfreunden Attendorn und dem Verein Märkischer Springer Halver-Schalksmühle auch seit einigen Jahren der TSV Dahl, der aus dem Bezirk Iserlohn in den Bezirk Sauerland gewechselt ist. In den vergangenen zehn Jahren war die Zahl der Vereine durch die Fusionen in Lüdenscheid (Königsspringer + Schachvereinigung zur Schach-Gemeinschaft) und Halver/Schalksmühle (SV Halver + SC 1959 Schalksmühle/Hülscheid zum MSHS) ohnehin gesunken. Im Gespräch ist eine Fusion mit dem Bezirk Oberberg (u.a. mit dem SV Kierspe und SK Meinerzhagen), der aufgrund von Problemen bei der Vorstandsbesetzung neue Lösungen für die Zukunft sucht.